David Horstmann
Titel: „Von der Sehnsucht nach Freiheit“
Entstanden beim 6. internationalen Marmorsymposium in Laas (It.)
Idee / Aussage:
Das Schrift-artig eingehauene Relief, reduziert auf nebeneinander angeordnete, fortlaufende „Fünfer-Zellen“, dem Unärsystem (einem Additionssystem, auch bekannt als Bierdeckelnotation) folgend, lässt dem Betrachter viel Raum zur Interpretation und Assoziation zum gestellten Thema.
Für einfache Zählaufgaben geeignet, ist dieses alte System, das lediglich ein Symbol mit der Wertigkeit 1 besitzt, auch heute noch gebräuchlich und findet in Norditalien sowie Südtirol beim Kartenspiel, in unterschiedlichen Varianten seine Verwendung. Die diesem System innewohnende Aussage war Inspiration und Leitfaden für meine Annäherung an dieses Projekt: „Jeder Einer wird durch dasselbe Symbol repräsentiert.“ oder: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ (Allgemeine Erklärung der Menschenrechte 1948)
Beim Betrachten drängen sich Erinnerungen an bekannte Bilder oder Szenen von Mauern und, von ihnen eingeschlossenen, Gefangenen in das Bewusstsein. Die so massenhaft vorhandenen und beharrlich eingeritzten Striche symbolisieren zumeist das Warten, Zählen von elenden Tagen, Wochen, Monaten oder gar Jahren und stehen gleichermaßen für Mutlosigkeit und Leid, aber auch Beharrlichkeit, Stärke und Hoffnung.
Vielleicht steht ein jeder Strich auch für ein: „Ich bin noch, oder jetzt hier!“ eines Jeden, um seine Freiheit, beraubten. Im Sommer 2015 stieg die Zahl der flüchtenden Menschen, die innerhalb europäischer Grenzen Schutz ersuchen, aufgrund der Krisenherde im mittleren Osten und Nordafrika, ausgehend vom Terror des IS und der Drangsalierung Syriens durch das Assad – Regime, deutlich an. Allein in der Woche vor Beginn des Bildhauer-Symposiums in Laas ertranken im Mittelmeer über 1000 Menschen. Ohne weitreichende Initiativen zur Rettung dieser Menschen seitens der Europäer, ist abzusehen das sich diese Zahl gegen Ende unserer Arbeit verdoppelt hat. Die ca. 2000 Striche welche stellvertretend für die Opfer, die gesamte Fläche der Stele einnehmen, sollen dem Betrachter ein Gefühl für diese Dimension des Leides vor Augen führen.
Obwohl es mir, in Hinblick auf das Thema, ein großes Anliegen ist, auf jene, nach dem Holocaust noch bestehenden, und gerade sich heute wieder verschärfenden, Missstände, bezüglich Fremdenhass und Verfolgung, aufmerksam zu machen, soll dieses Mahnmal in erster Linie zur Solidarität aufrufen.
Es soll ein Denkmal für alle Leidgeplagten und ihrer Freiheit beraubten sein, die durch kriegerische und politische Handlungen oder deren Folgen, in menschenunwürdige Bedingungen, zur Flucht, in die Illegalität, Gefangenschaft oder den Tod gezwungen werden.
David Horstmann, August 2015
(www.davidhorstmann.de)